Wie behandle ich Ess-Störungen?
In fünf Jahrzehnten der Psychotherapie von Ess-Störungen hat sich eines gezeigt: einen Königsweg, eine allein wirksame Methode der Behandlung von Ess-Störungen gibt es nicht. Es gibt einzelne Ess-Gestörte und ihren jeweils individuellen Weg aus der Störung.
Der psychotherapeutische Blick braucht Distanz. Distanz ist nötig zum Nachdenken. Es geht aber auch um das Eintauchen ins Erleben, um das Verstehen des emotionalen Kosmos von Ess-Gestörten in der Falle, die ständig kreisenden Gedanken, den Dschungel an Gefühlen …
brennende Gier
bohrende Unruhe
permanenter Druck
Hunger nach Gefühl, Anerkennung, Wärme
eiserne Anforderungen an Leistung und Selbstkontrolle
Perfektionismus
Triumph des Willens
Bloß nicht fett sein!
zwanghaft Kalorien zählen
Unzufriedenheit mit Körper und Figur
geringes Selbstgefühl
geringes Selbstwertgefühl
tricksen, lügen, täuschen, leugnen
Scham, Scham, Scham
Klo
sorgsam gehütetes Geheimnis
Ohnmacht
Kontrollverlust
gnadenloser innerer Richter
Schuld
Minderwertigkeit
quälende Einsamkeit
Probleme im Herstellen und Halten befriedigender Beziehungen
Verzichtbereitschaft
Aufopferung
Ablehnen von Schwäche und Abhängigkeit
verzweifelte Abwehr
Konflikte im Umgang mit Aggression, Hunger, Sexualität
Unterdrücken von Gefühlen bis zur Gefühlskälte
innere Leere
Sinnfrage
Bloß nicht zunehmen!
Menschen, die mit ihrer Ess-Störung ringen, sind oft ratlos und allein. Viele haben schon etliche gescheiterte Anläufe, Programme, Diäten hinter sich, aber auch das ist kein Grund, endgültig den Mut zu verlieren. „Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ (N.N.)
Es ist mein Beruf, meine Klienten dabei zu unterstützen, den Schwierigkeiten mit sich selbst und mit der Welt anders und besser als mit süchtigem Essen oder mit süchtigem Magern zu begegnen. Es geht darum, meinen Klienten andere Wege und neue Perspektiven zu eröffnen, die es ihnen ermöglichen, zwanghaftes Hungern und Magern, besinnungsloses Fressen und Erbrechen, Abführen oder Abtrainieren, Frustessen und nervöses Sich-Vollstopfen zum Teil der persönlichen Geschichte werden zu lassen, dem sie nicht länger hilflos ausgeliefert sind.
Ich erwarte nicht, dass meine Klienten bei Therapiebeginn ihre Ess-Störung aufgeben. Zum Aufgeben brauchen sie noch Rüstzeug: neue Erfahrungen, neue Gedanken. Diese zu erwerben ist ein privater und persönlicher Prozess und Inhalt der Therapie.
Im Verlauf der Behandlung geht es aber auch um das Aufgeben der Ess-Störung – und um die Bereitschaft, andere Wege zu gehen. Oft ist es nicht leicht, Zugang zu abgewehrten unbewussten inneren Regungen, zu Gefühlen und Gedanken zu finden und vertraute Wege zu hinterfragen und aufzugeben.
Mit Elementen aus tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie, Gesprächspsychotherapie, NLP, systemischer Aufstellungsarbeit, systemischer Transaktionsanalyse und Verhaltenstherapie schneidere und schmiede ich gemeinsam mit meinen Klienten das Rüstzeug, das ihnen bei diesem inneren Ringen hilft.
Es geht nicht über Nacht – oft ist die Essstörung zu eingeschliffen. Aber es geht.
Der Weg aus der Ess-Störung, das Ringen, die Fortschritte, die Stolpersteine, die kleinen und die großen Ziele sind individuell und privat. Allgemein lässt sich dieser Weg als Prozess in vier Schritten beschreiben:
Ich setze auf meine Hoffnung …
Hoffnung auf einen Weg aus dem Teufelskreis, Hoffnung auf Hilfe, Ermutigung, Unterstützung…
das ist der erste Schritt.
Motivation ist hier Schlüsselwort und Klippe. Magersüchtige haben oft überhaupt nicht den Wunsch, mit dem Hungern aufzuhören. Hilfs- und Therapieangebote lehnen sie leicht kategorisch ab. Insgeheim hoffen viele aber doch…
Ich suche ein Gegenüber, dem ich mich anvertrauen kann und will …
Die Suche nach einem kompetenten Profi in der Hoffnung, ehrlich sein zu können, sich unverstellt zeigen zu können und auch tatsächlich Hilfe, Ermutigung, Unterstützung, aber auch Konfrontation zu bekommen.
Die Suche nach einem vertrauenswürdigen Gegenüber, das ist der zweite Schritt.
Ich stelle mich meinen Schwierigkeiten …
Oft tut es gut, sich etwas von der Seele zu reden. Es entlastet. Eine Zeit lang – dann stellen wir fest, dass sich aussprechen allein nicht hilft, dass innerlich alles beim Alten geblieben ist.
Das mit Herz und Verstand zu begreifen, und mit der Arbeit da anzufangen, wo wir etwas tun und verändern können - bei uns selbst – das ist der dritte Schritt.
Ich nehme Hilfe an und arbeite an mir …
Sie sind nicht allein. Ein produktives Arbeitsbündnis, die gemeinsame Suche nach besseren Lösungen, das ist der vierte Schritt.
Ich begleite und unterstütze Sie dabei, sich Ihrem Leben zu stellen, Ihre Schwierigkeiten mit sich und der Welt anzugehen und aus dem Holz, aus dem Sie geschnitzt sind, etwas Taugliches zu machen.
Ziel ist es, die enge Welt des „Ich kann nicht anders“ größer und weiter zu machen und Wahlmöglichkeiten zu erleben.
Ziel ist es, mit allen Gedanken, Kompetenzen, Gefühlen, Macken und Eigenheiten in dieser Welt authentisch und lebendig zu sein.
Ziel ist es, Nahrungsmittel sinnlich genießen zu können und dabei natürlich schlank zu werden und zu bleiben (Gewichtsstabilität).
Ziel ist es, seinen Platz im Leben zu finden, Freude zu empfinden, Friede in Körper und Seele.
Ziel ist es, zu erleben, dass die Ess-Störung überflüssig und die Seele satt wird …